Im Jahr 2012 wurde die Spitalfinanzierung grundlegend geändert, um den Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern in der ganzen Schweiz sowohl in qualitativer als auch in finanzieller Hinsicht anzukurbeln. Seit 2012 können Patienten innerhalb ihrer Kantone – und unter gewissen Einschränkungen in der ganzen Schweiz – frei zwischen privaten und öffentlichen Spitälern wählen, sofern die Einrichtungen auf einer kantonalen Spitalliste aufgeführt sind. Medizinische Leistungen werden neu mit Fallpauschalen rückvergütet (nach Schweizer DRG-Tarif) und nicht mehr durch direkte Subventionen an öffentliche Spitäler finanziert. So werden alle Spitäler, die eine gleiche Leistung erbringen, gleich entschädigt. Davon ausgenommen ist die staatliche Finanzierung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen, deren Vergabe je nach Kanton sehr unterschiedlich ausgestaltet sind.

Ausgabenwachstum verlangsamt sich

Fünf Jahre nach Einführung der Neuen Spitalfinanzierung müssen die Ergebnisse als durchzogen bezeichnet werden. In den Jahren 2011 und 2012 wuchsen die Ausgaben im stationären Bereich zunächst stark an. Dies war wahrscheinlich eine Vorwegnahme der Umstellung auf das neue DRG-System. Seither sind die Ausgaben im Durchschnitt um 2,9% pro Jahr gestiegen. Viele Politiker sehen diese Wachstumsrate als Beweis für den Misserfolg der DRG-Fallpauschalen.

Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung wurde jedoch die Wachstumsrate der stationären Kosten gegenüber früher deutlich gebremst. Zwischen 2000 und 2009 lag sie laut einer Studie von Obsan zwischen 4 und 5% und damit deutlich über der seit 2012 beobachteten Wachstumsrate. Zwar ist es schwierig, einen klaren Kausalzusammenhang zwischen der Einführung der Neuen Spitalfinanzierung und dem moderateren Anstieg der Krankenhausausgaben herzustellen. Klar widerlegt ist aber die These einer Kostenexplosion infolge des verstärkten Wettbewerbs zwischen den Krankenhäusern seit 2012.

Leichte Korrektur der Spitaltarife

Der Anstieg der Spitalausgaben ist – obschon er etwas langsamer verlaufen ist – entweder mit einer Volumenausweitung (Anzahl der Fälle) oder mit einer Preissteigerung (Spitaltarif) zu erklären. Die Fallzahlen sind zwar seit der Einführung der Neuen Spitalfinanzierung gestiegen. Doch setzte dieser Trend bereits vor 2011 ein und der Anstieg der Fallzahl hat sich laut Obsan – gegen jegliche Erwartung – nicht beschleunigt.

Eine leichte Senkung der Spitaltarife sowie die Stabilisierung der Ausgaben pro Fall in den Jahren 2013 bis 2015 könnten das geringere Ausgabenwachstum teilweise erklären. Während der durchschnittliche Spitaltarif der nicht universitären Akutspitäler in der Schweiz 2012 noch bei 9589 Franken lag, sank er im Jahr 2015 um fast 200 Franken auf 9411 Franken. Die Entwicklung in den Universitätsspitälern und (Universitäts-) Kinderspitälern verlief ähnlich, jedoch auf einem höheren Niveau. Diese Veränderungen scheinen jedoch nicht nachhaltig zu sein. Zumindest in Nicht-Universitätsspitälern stieg der durchschnittliche Spitaltarif wieder leicht an und liegt 2017 um 50 Franken höher als 2015. Unser Online-Tarifvergleich visualisiert die Entwicklung der durchschnittlichen Spitalpreise geordnet nach Kantonen oder Spitälern.

*Spitaltarife für Universitätsspitäler und (Universitäts-) Kinderspitäler werden nicht im Schweizer Durchschnitt (CH) und in den kantonalen Durchschnittswerten (z.B. AG, BE, ZH, etc.) berücksichtigt. Diese können Sie einzeln oder über «CH-Universitäts- und -Kinderspitäler» auswählen.

Weniger Preisunterschiede zwischen den Krankenkassen

Die Spitaltarife werden zwischen Krankenkassen und Spitälern ausgehandelt. Die Krankenkassen sind in der Regel durch Einkaufsgemeinschaften wie Tarifsuisse oder HSK und die Spitäler durch Dachverbände wie H+ oder kantonale Organisationen vertreten. So unterscheiden sich die Spitaltarife zwischen den Krankenhäusern, aber auch zwischen den Versicherern für dasselbe Spital.

Seit der Einführung der neuen Spitalfinanzierung sind die Unterschiede zwischen den von den Einkaufsgemeinschaften ausgehandelten Tarifen kleiner geworden. Die Differenz zwischen den Durchschnittstarifen von Tarifsuisse und HSK ist von 50 Franken im Jahr 2012 auf weniger als 10 Franken 2018 gesunken. Hinter diesen nationalen Durchschnittswerten verbergen sich jedoch weiterhin Unterschiede zwischen den Kantonen oder sogar den Spitälern. So betrug der Basistarif für das Universitäts-Kinderspital beider Basel im Jahr 2017 10’850 Franken für die Tarifsuisse-Mitglieder, gegenüber 11’170 Franken für die HSK-Mitglieder.

Erhebliche kantonale Unterschiede

Obwohl die Unterschiede zwischen den Einkaufsgemeinschaften abnehmen, bleiben die Differenzen zwischen den Spitälern im gleichen Kanton, vor allem aber über die Kantonsgrenzen hinweg, sehr ausgeprägt. Zu den niedrigsten Tarifen arbeitete 2017 das Ospedale Malcantonese im Tessin (6800 Fr.), die Varini-Klinik (7000 Fr.) und die Klinik St. Georg in St. Gallen (8500 Fr.) Am anderen Ende des Spektrums weisen die drei teuersten Nicht-Universitätsspitäler des Landes Tarife von 11’613 Fr. (Klinik Lengg in Zürich), 9950 Fr. (Kantonsspital St. Gallen) und 9850 Fr. (Kantonsspital Luzern) auf. Dass es auch problemlos möglich wäre innerhalb eines Kantons mit einheitlichen Spitaltarifen zu arbeiten, zeigen überdies die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Schaffhausen, Zug und Genf (vgl. Grafik und Online-Tarifvergleich).

Die Streuung der Spitaltarife innerhalb und zwischen den Kantonen zeigt, dass die erwartete Konvergenz mit der Einführung der Neuen Spitalfinanzierung (noch) nicht im erwarteten Umfang eingetreten ist. Der gewünschte Wettbewerb hat nur beschränkt Wirkung entfaltet, nicht zuletzt aufgrund protektionistischer Massnahmen der Kantone.

Damit die positiven Auswirkungen des Spitalwettbewerbs voll zum Tragen kommen, schlägt Avenir Suisse deshalb eine Drei-Punkte-Therapie im Spitalbereich vor: mehr Transparenz bei der Vergabe von Subventionen für gemeinwirtschaftliche Leistungen, den aktiven Einbezug der Patienten dank neuer Versicherungsmodelle und schliesslich die Abschaffung der kantonalen Spitallisten.

Weiterführende Informationen: Gesunde Spitalpolitik

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